Einkehrtag am 05.03.2017 in Brohl

Zum traditionellen Einkehrtag im Schützenjahr 2017 hatte der Bezirksbundesmeister Sigi Belz die Mitglieder aus den 18 Mitgliedsvereinen des Bezirksverbandes Rhein-Ahr 1931 e.V. sowie interessierte Gäste nach Brohl eingeladen.

Die dortige Jubiläumsbruderschaft von St. Matthias Brohl 1867 e.V. war Gastgeber des Einkehrtages 2017, einer Veranstaltung der Schützen des Bezirksverbandes Rhein-Ahr bei dem es einmal nicht um Wettkampf und Schießergebnisse sondern ausschließlich um Besinnung, innere Einkehr und das Bekenntnis zum sozialen Engagement ging.

Traditionell in der Fastenzeit findet dieser Einkehrtag bei dem Mitgliedsverein statt, die den amtierenden Bezirksschützenkönig (historisch), König aller Mitgliedsvereine im Bezirksverband stellt.

Der Tag beginnt stets mit einem Festgottesdienst, der von Bezirkspräses Pfarrer Herbert Ritterrath in der Brohler Pfarrkirche St. Johannes der Täufer zelebriert wurde.

Die Zugehörigkeit des Schützenverbandes zur katholischen Kirche bzw. zu einer christlichen Gemeinschaft wird unter anderem auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass neben der Bezirksstandarte des Bezirksverbandes auch die Fahnen der dem Bezirksverband angeschlossen Bruderschaften während der Messe den Altar umrahmen.

An der Veranstaltung nahmen Vertreter aus den Mitgliedsvereinen von Remagen, Kripp, Bad Bodendorf, Hub. Sinzig, Heimersheim, Königsfeld, Löhndorf, Westum, Bad Breisig, Seb. Sinzig, Heppingen, Rheineck sowie aus Brohl teil.

Bundesmeister Sigi Belz konnte nach dem Messbesuch rund 75 Schützenbrüder und Schützenschwestern sowie interessierte Gäste im Schützenhaus der St. Matthias Schützenbruderschaft willkommen heißen, den die Brohler Schützen, unter der Leitung ihres Brudermeisters und amtierenden Bezirksschützenkönigs Peter Nonn mit viel Liebe zum Detail geschmückt hatten.

Nach der Begrüßung aller Majestäten und Ehrengäste, an der Spitze der amtierende Bezirksschützenkönig Peter Nonn erinnerte er die Schützenschwestern und Schützenbrüder daran, ab und zu einmal auf die Website des Bezirksverbandes unter der Rubrik „Geistlicher Impuls“ zu schauen. Dieser „Geistliche Impuls“ soll zum Nachdenken, zur Findung des inneren Friedens und zum gegenseitigen Verständnis seiner Mitmenschen beitragen. Dazu erzählte er, quasi zum Einstieg in die heutige Veranstaltung eine Erzählung, die einen Bogen zu dem dogmatischen-theologischen Thema vom Bezirkspräses spannen soll, von dem er hoffe, dass die Inspiration, die aus ihr hervorgeht, auch bei den Zuhörern ankommt.

 

Die Geschichte hat folgenden Titel:

"Leben nach dem Leben"

oder auch bekannt unter dem Titel     

"Zwillinge unterhalten sich"

 

Im Mutterleib wuchsen Zwillinge heran. In dem Maße wie ihr Bewusstsein, stieg auch ihre Freude: „Ist es nicht wunderbar, dass wir leben?“, sagte eines Tages der eine zum anderen.
„Oh ja“, meinte der Angesprochene, und plantschte ein wenig mit seinen kleinen Händchen durch das Wasser, in dem sie schwammen, so dass es kleine Wellen schlug.

Die Zwillinge begannen im Laufe der Zeit ihre Welt zu entdecken. Dabei fanden sie auch die Schnur, die sie mit ihrer Mutter verband und ihnen Nahrung gab.
Beglückt sagten sie: „Wie groß ist doch die Liebe unserer Mutter, dass sie ihr eigenes Leben mit uns teilt!“ So vergingen die Wochen und sie bemerkten, wie sie sich veränderten.
„Was bedeutet es, dass wir uns im Laufe der Zeit so verändern?“

fragte der eine den anderen.
Der antwortete: „Das bedeutet, dass unser Aufenthalt in dieser Welt bald dem Ende zugeht.“
„Aber ich will doch gar nicht gehen“ entgegnete der zweite, und fügte hinzu:

“Glaubst du eigentlich an ein Leben nach der Geburt?"
“Ja, das gibt es. Unser Leben hier ist nur dazu gedacht, dass wir wachsen und uns auf das Leben nach der Geburt vorbereiten, damit wir stark genug sind für das was uns erwartet."
“Blödsinn, das gibt es doch nicht.

Wie soll denn das überhaupt aussehen, ein Leben nach der Geburt?".
“Das weiß ich auch nicht so genau. Aber es wird sicher heller als hier sein. Und vielleicht werden wir herumlaufen und mit dem Mund essen?".
“So ein Unsinn! Herumlaufen, das geht doch gar nicht. Und mit dem Mund essen, so eine komische Idee! Es gibt doch eine Nabelschnur, die uns ernährt und die ist ja jetzt schon zu kurz zum Herumlaufen.“
“Doch es geht ganz bestimmt. Es wird eben alles nur ein bisschen anders!".
„Wir werden unsere Lebensschnur verlieren. Wie aber sollen wir ohne sie leben? Vielleicht haben andere vor uns schon diesen Mutterschoß verlassen, doch keiner von ihnen ist zurückgekommen und hat uns gesagt, dass es ein Leben nach der Geburt gibt. Nein, die Geburt ist das Ende, da bin ich mir ganz sicher!“
“Es ist noch nie einer zurückgekommen von “nach der Geburt“. Mit der Geburt ist das Leben zu Ende, danach ist alles dunkel und Quälerei“.
So fiel der eine, der Pessimistische von beiden, in einen tiefen Kummer und sagte: „Wenn die Empfängnis mit der Geburt endet, welchen Sinn hat dann das Leben im Mutterschoß? Es ist sinnlos. Vielleicht gibt es gar keine Mutter?“
„Aber sie muss doch existieren“, protestierte der andere, „wie sollten wir sonst hierhergekommen sein? Und wie könnten wir am Leben bleiben?“
“Auch wenn ich nicht genau weiß, wie das Leben nach der Geburt aussieht, jedenfalls werden wir dann unsere Mutter sehen und sie wird für uns sorgen“.
“Mutter? Du glaubst an eine Mutter? Sag mir, hast du je unsere Mutter gesehen?“ fragte der erste, „Möglicherweise lebt sie nur in unserer Vorstellung, und wir haben sie uns bloß ausgedacht, damit wir unser Leben dann besser verstehen können. Wo ist sie denn bitte?
“Na hier, überall um uns herum. Wir sind und leben in ihr und durch sie. Ohne sie können wir gar nicht sein“.
“Quatsch! Von einer Mutter habe ich noch nie etwas bemerkt, also gibt es sie auch nicht“. Doch manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du sie singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt streichelt…“
So waren die letzten Tage im Schoß der Mutter gefüllt mit vielen Fragen und großen Ängsten. Schließlich kam der Moment der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie die Augen und was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume und Vorstellungen.

 

Verfasser unbekannt

 

Anschließend leitete der Bezirksbundesmeister zum zweiten Hauptteil des Tages über. Er hieß Bezirkspräses Pfarrer Herbert Ritterrath herzlich willkommen.

Mit einem fesselnden, sehr informativen Vortrag griff Pfarrer Ritterrath ein Thema auf, das heute völlig aus dem Bewusstsein des christlichen Weltbildes herausgefallen zu sein scheint.

 

Das Thema lautete: „Was geschieht im Augenblick des Todes mit dem Menschen? Was ist zu verstehen unter Himmel, Hölle und Fegfeuer?“.

 

Auf Wunsch der Versammlungsteilnehmer und mit Genehmigung von Bezirkspräses Pfarrer Herbert Ritterrath, nachfolgend sein Referat zum Nachlesen:

(es gilt das gesprochene Wort)

 

„In der heutigen weltoffenen Zeit sprechen wir in unserer Gesellschaft nahezu über alle Themen, die das menschliche Leben berühren. In unserer modernen Zeit gibt es fast nichts, was als Gesprächsthema ausgeklammert ist. Ja wir brauchen uns noch nicht einmal darüber zu wundern, dass im Fernsehen – sogar im Nachmittagsprogramm über ganz intime Dinge im zwischenmenschlichen Bereich nicht nur offen gesprochen wird sondern auch sogar Geschlechtsakte ganz offen gezeigt werden, wobei Kinder ungeschützten Zugang haben. Es gibt nach meiner Erkenntnis nur ein Thema, das Tabu ist. Niemand möchte weder im privaten noch im öffentlichen Bereich über den Tod reden“.

An dieser einen Tatsache, dass wir alle einmal sterben müssen, kommt niemand vorbei. Dabei ist es von großem unschätzbaren Wert, dass niemand den Tag und die Stunde kennt, wann das Ende unseres irdischen Lebens gekommen ist.

Somit werden wir immer wieder – ob wir das wollen oder nicht – mit dem Abschiednehmen aus dieser Welt – oder noch Grasser ausgedrückt – mit dem Tod konfrontiert.

Das ist immer dann der Fall, wenn wir von einem tragischen Unfall mit Todesfolge hören, der uns sehr bewegt, weil wir vielleicht den Verunfallten persönlich gekannt haben – oder noch schlimmer, wenn er oder sie zu unserem direkten Bekannten- oder Familienkreis gehört.

 

Dann drängt sich uns die Frage auf: Wie kann Gott so etwas zulassen?

Warum gerade den?

Was hat das für einen Sinn?

(Der Mensch neigt dazu Gott die Schuld zu geben. Wenn alles im Leben gut läuft, dann sehen wir das als Selbstverständlichkeit an. Dann fragen wir nicht, haben wir das Gott zu verdanken? Das ist doch selbstverständlich. Und wir kommen erst recht nicht auf die Idee, Gott für ein gelungenes Lebenswerk Dank zu sagen. Das habe ich in meinem Leben erreicht aufgrund meiner Fähigkeiten und aufgrund meines Fleißes. Aber wenn der Tod oder auch nur ein schwerer Unfall ins Spiel kommt, dann fragen wir immer und sofort nach dem Warum? Und suchen die Antwort bei Gott).

In dem Falle, wenn wir dem Tod begegnen, auf welche Weise auch immer, versuchen wir Worte des Trostes zu finden und sagen bei einem älteren oder lang erkrankten Menschen, der von uns gegangen ist: „Es war vielleicht besser so. Er hatte ohnehin keine Lebensqualität mehr; er hätte nur noch mehr gelitten; Vielleicht ist ihm doch einiges erspart geblieben… (hätte, hätte, Fahrradkette);

Beim tödlichen Schicksal von jüngeren Menschen kommen wir in der Regel nicht weiter. Wir sind fassungslos; wir trauern und weinen sogar; Wir stoßen an die Grenzen menschlicher Machbarkeit.

Aus diesem Grundhabe ich mich für dieses Thema entschieden.

Was geschieht…? Was ist…?

Wir spüren, nicht jeder Mensch kann diese Frage stellen. Ein Atheist, einer, der sich die Welt ganz anders zu Recht gezimmert hat, wird mit diesen Fragen nichts anfangen können. Sie machen ihn im schlimmsten Fall aggressiv.

Der Tod ist somit die absolute Schranke unserer Erkenntnis.

Wenn es nach uns gegangen wäre, wäre kein Mensch von uns auf der Welt…

So wie wir im Mutterschoß nach einer gewissen Zeit der Entwicklung Abschied genommen haben von unserem 1. Zuhause, so nehmen wir im irdischen Leben immer wieder Abschied.

Wir nehmen Abschied von den vielen Zeiten, von den guten und von den schlechten Zeiten, die nie mehr wiederkehren. Ob es der Abschied ist vom Kindergarten, von der Schule, von der Ausbildung – und ich könnte die Abschiede beliebig weiter aufzählen, so nehmen wir letztlich Abschied von den Menschen, die durch den Tod von uns gehen. Und das ist wohl die Grausamste Erfahrung, die wir im Leben machen: Wir nehmen endgültig Abschied von den Menschen, die uns ans Herz gewachsen sind, mit denen wir in Liebe verbunden waren – oder auch nicht; mit denen wir aber jetzt nicht mehr sprechen können.

Folglich beziehen sich unsere ganz persönlichen Erfahrungen, die wir mit dem Tod machen, auf die Zeiten, die vor der Schranke des eigenen Todes liegen. Es ist für uns die absolute Schranke unserer Erkenntnis. Und wir wissen nur, was vor dieser Schranke liegt, nämlich das Leben.

Ladislaus Boros, ein ehemaliger Jesuit, *1927; +1981 hat diese Schranke in wundervoller Weise durchbrochen in seinem Buch „Erlöstes Dasein“. Andere Bücher mit einem ähnlichen Thema lauten: „Im Menschen Gott begegnen“ und „Geborgene Existenz“. Er geht von der Heiligen Schrift aus und von der Lehre der kath. Theologie sowie von einigen Philosophen, die sich mit der Gottesfrage befassen.

Er stellt aufgrund seiner Forschung Hypothesen auf, die im Einklang mit der Lehre der kath. Kirche stehen und geht den Fragen nach:

Was geschieht im Augenblick des Todes mit dem Menschen?

Was ist zu verstehen unter Himmel, Hölle und Fegfeuer?

Bevor ich in diese Thematik einsteige, müssen wir noch einer anderen Frage nachgehen, wobei ich keine pauschale Antwort geben kann. Ich möchte deshalb jeden bitten, diese Frage für sich selbst zu beantworten.

Es ist von großer Bedeutung, der Frage nachzugehen:

Welches Gottesbild besitze ich persönlich?

Wie stelle ich mir also Gott vor?

Wie haben meine Eltern mir Gott vermittelt?

Wie habe ich Gott im Kindergarten und in der Schule, insbesondere im Religionsunterricht und von nahen Verwandten und Bekannten kennen gelernt?

Welche Rolle hat ein Pfarrer oder ein Lehrer in Bezug auf Gott in meinem Leben gespielt?

Wie habe ich Gott kennen gelernt und wie hat er sich in meinem Leben entwickelt?

Habe ich Gott als ein allmächtiges Wesen kennen gelernt, der das Gute belohnt und das Böse bestraft?

Ist Gott wie ein Buchhalter, der die guten und bösen Geschehnisse in meinem Leben festhält und am Ende meines Lebens dann den Saldo zieht und mir die Rechnung präsentiert?

Welches Gottesbild haben mir meine Eltern vermittelt?

Vielen Menschen wurde ein strenges Gottesbild vermittelt, der auf viele Einzelheiten schaut,

Mir wurden in meinem Leben ein guter und ein böser Gott vermittelt. 

Gott ist ein guter Gott, der mir nahe ist und zu dem ich beten kann.

Gott ist aber auch ein böser Gott, denn der Begriff der Todsünde war in meiner Kindheit an der Tagesordnung. Todsünde ist eine Sünde, die zum Tode führt – gemeint ist der ewige Tod. Ich habe mir unter Todsünde etwas Schlimmes vorgestellt, aber ich konnte nicht realisieren, was das war. Ich weiß nur, dass ich im Alter von plus / minus 10 Jahren eine Phase hatte, in der ich Angst hatte, in die Hölle zu kommen.

Wir können jetzt nicht jedem Gottesbild nachgehen, aber wir müssen von 2 Gegebenheiten ausgehen, die für Gott nicht verhandelbar sind.

Das Eine ist die Liebe Gottes zum Menschen.

Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass Jesus Christus als Sohn Gottes Mensch wurde. Seine Liebe galt und gilt allen Menschen, besonders aber den Armen, Kranken, Ausgestoßenen und Sündern.

Das große Werk Jesu und seiner Heilsgeschichte mit uns Menschen ist es, dass der Sohn Gottes am Ende seines Lebens den Kreuzestod starb, um alle Menschen zu befreien von Sünde und Tod. Seine Auferstehung gibt uns Hoffnung, ja Gewissheit, dass wir alle eingeschlossen sind in dieses Erlösungswerk. Daraus folgt, Gott ist die absolute und unendliche Liebe. Seine Liebe zu uns Menschen kennt keine Grenzen und behält keine Reserven zurück. Das ist das Eine nicht verhandelbare, was Gott betrifft. Auf das andere Absolute, was den Menschen betrifft, komme ich noch zu sprechen.

Aus dieser Liebe Gottes zum Menschen können wir folgende Schlussfolgerungen ziehen:

Im Mittelpunkt der christlichen Verkündigung steht eine erschütternde Behauptung: Der eigentliche Ursprung des Lebens ist der Tod. Was im Tod eines Menschen geschieht, ist wunderbarer als seine Erschaffung. Er ist eine neue Geburt. Warum ist dem aber so? Warum entspringt das Leben dem Tod?

Die erste Antwort lautet: Weil der Tod uns die erste Möglichkeit bietet, Christus gegenüber in voller Freiheit und bei klarstem Bewusstsein eine endgültige Entscheidung zu treffen. Der Mensch wird im Tod vollkommen „Person“ und deshalb kann er sich erst im Tod vollkommen entscheiden. Um die ganze Tragweite dieser Behauptung erfassen zu können, muss ich zuerst etwas weiter ausholen. Ich muss zuerst die Gründe aufzählen, die uns erlauben, zu sagen, im Tode geschehe die eigentliche Lebensentscheidung des Menschen.

In den Fragen der sogenannten letzten Dinge erlebte die kath. Theologie der neuesten Zeit eine revolutionäre Wandlung der Perspektiven. Es tauchte nämlich die zunächst unscheinbare und harmlose Frage auf:

Was geschieht im Augenblick des Todes mit dem Menschen? Die neueste Antwort könnte im Gegenteil zu den alten Antworten der vergangenen Jahrzehnte folgendermaßen formuliert werden:

Im Tod eröffnet sich die Möglichkeit zum ersten vollpersonalen Akt des Menschen; somit ist der Tod der seins mäßig bevorzugte Ort des Bewusstwerdens, der Freiheit, der Gottbegegnung und der Entscheidung über das ewige Schicksal. Erst im Moment des Todes kann der Mensch die Fremdheit seines Daseins ablegen; erst jetzt wird er seins mäßig genug, um Christus ganzheitlich, mit allen Fasern seines Wesens begegnen und sich ihm gegenüber endgültig entscheiden zu können. In diesem Moment hätten wir also noch eine Möglichkeit der Entscheidung, genauer, erst im Tod hätten wir die erste Möglichkeit einer ganzheitlichen, vollpersonalen Stellungnahme. In dieser Hypothese wird das Heil radikal „christologisch“ – d.h. voll und ganz auf Christus hin und „personal“ – d.h. ganz persönlich auf den einzelnen Menschen hin gedacht. Und trotzdem wird hier verständlich, dass das von Christus gebrachte und von jedem einzelnen Menschen Personal zu erringende Heil „universal“ ist: Jeder Mensch hat die Gelegenheit, sich – im Tod – Christus gegenüber im Vollbesitz seiner Kräfte, in völliger Klarheit und ganzheitlicher Freiheit zu entscheiden. Sehr viel hängt davon ab, dass wir den so stark betonten Ausdruck „im Tod“ richtig verstehen. Es handelt sich nicht um den Zustand „vor dem Tod“. Man kann wahrhaftig nicht annehmen, im Zustand von körperlichen und seelischen Qualen der Agonie, in der Stumpfheit des Sterbens setze jemand seinen ersten vollpersonalen Akt. Es handelt sich auch nicht um den Zustand „nach dem Tod“. Unser ewiges Leben nach dem Tod steht für immer fest. Im Tod sind wir dermaßen „endgültig“ geworden, dass nachher an dieser Endgültigkeit nichts mehr zu ändern ist. Es handelt sich vielmehr um den Moment des Todes selbst.

Wir können uns in unserer Phantasie diesen Moment folgendermaßen vorstellen:

Wenn die Seele den Leib verlässt, erwacht sie plötzlich zu ihrer reinen Geistigkeit, wird ganz von Licht und Helligkeit erfüllt. Sie versteht augenblicklich alles, was ein erschaffener Geist erkennen und verstehen kann. Die Seele sieht ihr ganzes Leben in einer Einheit zusammengefasst. Sie entdeckt darin Christi Ruf und Führung. Sie – die Seele – steht auch vor der Ganzheit der Welt und sieht, wie darin der auferstandene Herr als letztes Geheimnis der Welt aufleuchtet. Im Tod wird also der Mensch frei, wissend und fähig, eine endgültige Entscheidung zu treffen. In dieser Begegnung mit Christus und seiner Entscheidung für oder gegen ihn vollzieht der Mensch die klarste Entscheidung seines Lebens. Es ist jetzt unmöglich für ihn, an Christus vorbeizugehen. Er muss sich entscheiden so oder so. Was da entschieden wird bleibt in Ewigkeit, da der Mensch sein ganzes Wesen in die Entscheidung hineinwirft, ganz zur Entscheidung wird. Als so entschiedener lebt er für immer. Die ganze Ewigkeit des Menschen wird nichts anderes sein als die ernsthafte Entfaltung dessen, was in diesem Augenblick geschieht.

Ich sagte eingangs, dass es zwei Faktoren gibt, die für Gott nicht verhandelbar sind. Das Eine ist die Liebe Gottes zum Menschen, an der wir nichts ändern können, die in Christus den untersten Weg bis zum Tod am Kreuz gegangen ist.

Die zweite Gegebenheit, die für Gott nicht verhandelbar ist, ist die von ihm an den Menschen gegebene Freiheit. Diese Freiheit betrifft sowohl das irdische Leben als auch die vom Menschen vollzogene Freiheit im Augenblick des Todes. Der Mensch ist in allen Entscheidungen frei. Das birgt natürlich auch die Gefahr in sich, dass der Mensch diese Freiheit missbrauchen kann. So haben sich die Römer damals vor 2000 Jahren frei entschieden, den Sohn Gottes zu kreuzigen.

Kommen wir wieder zurück in den Augenblick der freien Entscheidung Christus gegenüber im Tod.

Die Theologie appelliert an eine tief menschliche Erfahrung: Der Mensch „besitzt“ sich in dieser Welt noch nicht. Er läuft einer ungeahnten Sehnsucht nach und vermag sie nirgendwo zu fassen. Der Mensch kommt in dieser Welt an keinem Punkt an sein endgültiges Ziel. Der Mensch kann in dieser Welt keinen endgültigen Standpunkt finden. Er läuft immer weiter voraus in die Zeit hinein. Dadurch streift er nur seinen jeweiligen Augenblick. Er streift nur einen Augenblick seines Lebens und lebt ihn im Letzten nicht wirklich. Er kann sein Wesen nicht vollkommen entfalten. Ist dieser Augenblick gelebt, befindet er sich schon im Nächsten. Erst in dem Moment, da es nicht mehr in die gleiche zerstückelte Zukunft weitergeht, kann er sein Wesen voll verwirklichen. Hier kommt der Mensch an einem Punkt an, an dem er sich selbst einholt und stehen bleibt. Jetzt – im Augenblick des Todes lebt er nicht mehr wie ein hinreißender Bergbach, sondern wie ein ruhiger Bergsee, klar und tief, die ganze Welt in ihrer Fülle spiegelnd. Dieser Moment kann aber erst im Moment des Todes eintreten. Erst im Tod geht es nämlich nicht mehr „weiter“ in die gleiche Richtung, in die leere Offenheit der Zeit. Im Tod bricht für uns ein Leben an, das unaufhörlich, intensiv gelebte Gegenwart ist. Erst im Tod erreicht also der Mensch die totale Einheit seines Wesens. Er entkommt der allseitigen Beengung und Beängstigung und tritt in die Tiefendimension der Welt ein, in das „Herz des Universums“.

Will man den Vorgang des Todes bildhaft beschreiben, so drängt sich das uralte christliche Symbol für den Tod, das Bild der Geburt, auf.

In der Geburt wird das Kind gewaltsam aus der Enge des Mutterschoßes gedrängt, muss das Beschützende, Gewohnte, die Geborgenheit verlassen. Zugleich eröffnet sich ihm aber auch ein weite neue Welt, ein neuer Weltbezug, die Welt des Lichtes, der Farben, des Mits eins und der Liebe.

Im Tod geschieht ähnliches mit dem Menschen. Gewaltsam wird er aus der Enge seiner bisherigen Weltlichkeit herausgenommen; gleichzeitig gelangt er zu einem neuen, wesenhaften, sich bis in die Weite des Weltalls erstreckenden Weltbezugs. Der Mensch geht also im Tod einerseits wirklich unter im Sinne einer „Nichtung“, eines gewaltsamen Entzugs seiner Leib – Weltlichkeit. Zugleich taucht er unter bis zum Wurzelgrund der Welt und erhält eine totale Weltpräsenz.

Dieser Weltgrund, in den der Mensch sterbend hinuntersteigt, ist seinem Wesen nach „christusoffen“, transparent also auf den Grund alles Seienden. Der Mensch wird im Tod auch all dem gegenübergestellt, was er in allen seinen Erkenntnissen immer wieder vermutet, wohin er in seinem Wollen unbewusst strebt, was er in all seinem Lieben im Grunde umarmt. An diesem metaphysischen Ort (Metaphysik heißt, was nach der physischen Welt kommt, nach dem erleb- und erfahrbaren) dort wird er seine endgültige Entscheidung treffen. Tod ist hier Geburt. Der Mensch geht in seinem Tod in eine gänzlich christusdurchsichtige Welt ein. Der kosmische Christus umfängt den Menschen ganz. Mit seinem ganzen Wesen steht der Mensch vor seinem Gott. Er kann an ihm nicht vorbeigehen.

Der Mensch muss durch den Tod hindurch, damit er ganzheitlich Gott nahe kommt. Während unseres irdischen Lebens wandern wir noch in einer Ferne vom Eigentlichen. Wir werden beherrscht von Menschen, Dingen und Ereignissen, von unseren eigenen Sehnsüchten und Träumen. All das stellt den Raum draußen und drinnen voll und macht den Menschen mehr oder weniger abhängig von den irdischen Gütern. Diese Vielfalt der Dinge lässt Gott in unserem Bewusstsein fast keinen Raum mehr. Der Mensch, wenn er den Himmel betreten soll, muss die Möglichkeit haben, einmal ganz unabhängig und frei, mit seiner ganzmenschlichen Wirklichkeit, gleichsam auf das Wesentliche seines Seins zurückgeführt, vor Gott zu stehen und sich für ihn oder gegen ihn zu entscheiden. Dazu muss ihm aber alles genommen werden, woran er mit allen Fasern seiner Wirklichkeit hängt. Seine Dinge, sein Besitz, seine Kraft, ja seine Freunde, die Menschen, die er lieb hat, seine Hoffnungen und seine Träume, alles muss ihm genommen werden, was er in seinem Leben aufgebaut und errungen hat. Alle Masken müssen fallen, und auch alle Rollen müssen ein Ende nehmen, die der Mensch vor der Welt und vor sich selbst spielt.

Indem also der Mensch den Tod erfährt, wird er von allem befreit, was ihn bis dahin hinderte, Gott ins Angesicht zu schauen. Tod ist also Befreiung zur eigentlichen Freiheit. Der Mensch wird durch den Tod ganzheitlich seinem Gott ausgeliefert. Er vermag sich vor ihm nicht zu verstecken. Seine Seele ist gleichsam hinausgerissen in die unendliche Ebene, wo nichts mehr ist als er und sein Gott. Er steht nun Aug in Aug mit dem auferstandenen Herrn.

Christus selbst musste den Todeskampf, das Sterben und den Tod auf sich nehmen, damit jeder Mensch, der den Weg des Todes geht, ihm plötzlich in blendender Kraft begegnen könne; damit der Mensch – wenigstens im Tod – ihm gegenüber eine endgültige Entscheidung treffe.

Hier hat Gott den Menschen ganz eingeholt. Er hat ihm, indem er selber den Tod auf sich nahm, alle Auswege versperrt. Der Mensch muss durch den Tod. Und er wird unweigerlich Christus begegnen. Hier nimmt das schreckliche Abenteuer der Gottesferne, in die der Mensch hineingeworfen ist, sein Ende. Christus steht nun da, vor dem Menschen im Tode; klar gesehen, leuchtend wahrgenommen und ruft ihn mit der Gebärde der erlösenden Liebe zu sich.

Wenn der Mensch sich im Tod gegen Christus entscheidet, ändert das nichts an der Liebe Christi. Diese Liebe wird ihn aber ewig brennen, weil er sich ewig als ganz nah erlebt und trotzdem zurückweist. Das ist dann die Hölle.

Wenn er sich aber für Christus entscheidet, wird die gleiche Liebe Christi zum ewigen Licht für ihn und zur endgültigen Vollendung im grenzenlosen Glück, zur ewigen Bejahung der Nähe des Herren, zum Himmel. So ist die Entscheidung im Augenblick des Todes das Gericht selbst.

Denn eines müssen wir uns unbeirrbar vor Augen halten: Ob wir uns für oder gegen Christus entscheiden – nach dem Tod und nach der Auferstehung Christi ist das Schicksal der Welt bereits entschieden. Wir gehen dem Himmel entgegen; in allen Vorläufigkeiten unserer Welt ist schon das Endgültige am Werk; kein Suchen stößt ins Leere; nichts kann uns trennen von der Liebe Christi, auch dann nicht, wenn wir uns gegen ihn entscheiden.

Durch sein Ja oder Nein im Tod richtet der Mensch sich endgültig. Es folgt daraus:

Niemand wird verdammt, nur weil der Zufall es wollte, nur weil der Mensch plötzlich, durch einen Unfall etwa, in die Ewigkeit abberufen wurde. Niemand wird verdammt, weil er Gott während seines irdischen Lebens nie richtig erkannt hatte, weil er in eine Familie hineingeboren wurde, in der er die Liebe nie erfuhr und deshalb auch nicht verstehen konnte, was das Wesen Gottes ist. Niemand wird verdammt, weil er sich vielleicht gegen einen Gott gewandt hat, in dem er nur einen Gesetzesgott, einen schrecklichen Tyrannen sah; weil er von den Menschen verworfen, verkannt und innerlich verwundet wurde und so gegen alles in Auflehnung geriet, auch gegen Gott.

Es folgt daraus: Niemand erreicht das ewige Heil, nur weil er fromme Eltern hatte, weil ihn seine bürgerlichen Vorurteile davor bewahrt haben, das Böse, das er so gern getan hätte, zu tun; weil er die Chance hatte, die Milliarden Menschen nicht haben – vielleicht bessere Menschen als er. Wir sind immerhin in einem Erdteil aufgewachsen, wo man immerhin gelegentlich noch etwas von Christus hören kann. Niemand erreicht das ewige Heil, nur weil er zufällig ein angenehmes Wesen besaß und so auch erfuhr, was Geliebt werden heißt. Deshalb ist es ihm auch nie schwer gefallen, daran zu glauben, dass auch Gott ihn liebt.

Es folgt daraus: Gott ist nicht kleinlich. Er ist ein wirklich großer Gott.

Man wird nicht verdammt, ohne sich mit seinem ganzen Wesen, in völliger Klarheit und Überlegung gegen Christus entschieden zu haben; man wird auch nicht vergöttlicht, ohne Christus mit inniger Begegnung mit allen Fasern der Seele umarmt zu haben.

„Ich sagte eingangs, dass es zwei Gegebenheiten gibt, die für Gott nicht verhandelbar sind.

Das Eine ist die Liebe Gottes, die der Vater durch den Tod seines Sohnes am Kreuz den Menschen erwiesen hat. Die Antwort auf die 2. Gegebenheit, die für Gott nicht verhandelbar ist, bin ich Ihnen noch schuldig. Es ist die Freiheit, die Gott dem Menschen ohne Wenn und Aber gegeben hat. Gott hat den Menschen als freies Wesen erschaffen. Er hat ihn aber auch mit einem Gewissen, mit der Fähigkeit zu denken, mit Verstand und Vernunft ausgestattet. Er hat dem Menschen sozusagen Sicherheitssysteme gegeben, aus denen er verantwortungsbewusst vor Gott und den Menschen handeln kann. Aber selbst dann, wenn der Mensch seine Freiheit missbraucht, greift er nicht ein. Er überlässt ihm die Freiheit des Handelns – auch dann, wenn sie dem Schöpfungsauftrag Gottes zuwiderhandelt.

 

Wo man geboren wurde, wann man gestorben ist, was für einen Charakter man als Erbe bekam, spielt bei der letzten Entscheidung des Menschen im Augenblick des Todes keine Rolle. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich in blendender Klarheit für oder gegen Christus zu entscheiden. Der Mensch ist kein Spielzeug eines kleinen und kleinlichen Gottes.

Es folgt daraus: Jeder Mensch hat die Möglichkeit, wenigstens einmal Christus, dem Auferstandenen zu begegnen, ihn persönlich zu erkennen. Selbst die Heiden, jene Milliarden, die noch nie etwas von Christus gehört haben; selbst die zu Heiden gewordenen Christen, denen wir vielleicht einen langweiligen und wirklichkeitsfremden Gott gepredigt haben, den sie nie richtig lieben lernen konnten; selbst jene Menschen, die religiös und moralisch einfach „Kleinkinder“ geblieben sind, obwohl ihr sonstigen Fähigkeiten sich durchaus normal entwickelten, und die sich in der komplizierten Struktur des heutigen Lebens mit Erfolg zurechtfinden können; selbst jene Menschen werden Gott begegnen, weil sie Gott hassen, weil sie in ihm – z.B. – ein Mittel der „kapitalistischen Ausbeutung“ sehen und ihn in seinem eigentlichen Wesen nie erkannt haben; selbst die Schwachsinnigen und seelisch Unterentwickelten, die nie richtig etwas verstehen konnten; selbst die ungeborenen und ohne Taufe verstorbenen Kinder werden Gott begegnen; und schließlich wir alle, die oft zu schwach sind, das Gute zu tun. Alle haben die Möglichkeit – in der Perspektive der vorgetragenen Hypothese – in einer ganzheitlich personalen Begegnung mit Gott zu erlangen.

- an dieser Stelle muss ich innehalten, weil ich sozusagen wie ein Hellseher Ihre Gedanken erkennen kann. Wenn Sie aufmerksam bis hierher den Ausführungen gefolgt sind, dann wird spätestens jetzt in Ihrem Nachsinnen folgendes Denken vorhanden sein:

„Wenn ich die Möglichkeit habe, mich im Tode für oder gegen Christus zu entscheiden, dann weiß ich genau, wie ich mich entscheiden werde, natürlich für ihn. Und dieses Denken ist ein Irrtum. Ich kann mich im Leben – nach Abwägung aller Gegebenheiten entscheiden, welches Auto ich kaufe, welchen Beruf ich ergreife, mit welchem Partner oder Partnerin ich durch das Leben gehe usw. Also weiß ich auch jetzt schon, wie ich mich im Tode entscheide. Und dieses Denken ist ein Irrtum.

Um mich im Tode für oder gegen Christus zu entscheiden, ist es von großer Bedeutung, welche Einzelentscheidungen ich in meinem Leben treffe. Neige ich im Leben mehr zur Nächstenliebe, Wohltätigkeit, Barmherzigkeit, Mitgefühl, Verständnis, Hilfsbereitschaft oder Anteilnahme, um nur einige positive Begriffe zu nennen – oder strebe ich mehr nach Egoismus, Selbstsucht, Eigennützigkeit,  Vorteilnahme bis hin zu Betrug und Herabsetzung des Anderen – um nur einige Begriffe zu nennen – so bereite ich durch die vielen Einzelentscheidungen im Leben die letzte große Entscheidung mit Christus vor. Das Leben ist somit „Einübung in das Gericht“. Jedes gedankenlose Dahinleben erschwert die Begegnung mit Christus im Tod. Somit ist es von großer Bedeutung, das Leben so zu gestalten, dass ich dem Herrn gut begegnen kann. Wer kann dafür bürgen, dass ich am Schluss noch die ganze Orientierung verliere? Nur ich selbst. Dieser Gedanke, die letzte Entscheidung im Augenblick der Begegnung mit Christus vorzubereiten, fordert und befreit zugleich. Somit ist die Entscheidung in der Begegnung mit dem Herrn im Tod das Gericht selbst.

Die Hypothese der Entscheidung des Menschen im Tod erlaubt uns, mit einigen unglaubhaften, unwürdigen und grotesken Vorstellungen über das Fegfeuer aufzuräumen. Der Reinigungsort ist sicher keine riesige Folterstadt, kein „kosmisches Konzentrationslager“, in dem klagende, seufzende und jammernde Kreaturen von Gott bestraft werden. Gottes Gedanken haben eine ganz andere Größe.

Das Fegfeuer ließe sich durchaus als ein augenblicklicher Vorgang, als die Qualität und Intensität der sich im Tod vollziehenden Entscheidung denken. In diesem Fall wäre die Begegnung mit Christus, das Eingehen in seinen liebenden Blick, unsere endgültige Läuterung.

Liebend und gnadenvoll blickt Christus auf den ihm entgegenkommenden Menschen. Sein Blick dringt aber zugleich bis ins Innerste, Verborgene und Wesentlichste des Menschendaseins. Gott im Feuerblick Christi zu begegnen ist zwar einerseits die höchste Erfüllung unserer Liebesfähigkeit; es ist aber auch andererseits das schrecklichste Leiden unseres Wesens. In dieser Perspektive wäre das Fegfeuer nichts Anderes als der Durchbruch durch das Feuer der Liebe Christi – der Vorgang der Christusbegegnung im Tod. Bei dieser Begegnung bricht die Liebe zu Gott aus den Tiefen des menschlichen Daseins hervor und durchdringt unser Wesen. Das ganze menschliche Dasein muss mit letzter Kraft aufbrechen, sich dem liebend entgegenkommenden Christus zu öffnen. Danach würden also die einzelnen Menschen einen persönlich je verschiedenen intensiven Läuterungsvorgang im Augenblick des Todes durchmachen. So wird aus dem Unterschied der im Fegfeuer verbrachten Zeit ein Unterschied in der Intensität der Läuterung.

Hier erhebt sich ein Einwand: Wenn die Läuterung im Fegfeuer ein augenblicklicher Vorgang ist, warum sollen wir dann noch für die Verstorbenen beten? Unser Gebet kommt auf jeden Fall zu spät an. Auf diesen Einwand ließe sich eine wichtige, entscheidende theologische Antwort geben: Für Gott ist alles Gegenwart; der Tod jenes Menschen, für den wir beten, und unser Gebet fallen für ihn zeitlich zusammen; für Gott stirbt der von uns geliebte Mensch, dessen Entscheidung wir mit unserem betenden Beistand erleichtern möchten, in dem Augenblick, in dem wir für ihn beten. Unsere Fürbitten können also nie zu spät ankommen, da Gott in seinem Wesen kein Vorher und kein Nachher kennt. Unsere Hilfe kommt beim Verstorbenen immer im richtigen Augenblick an, selbst wenn wir Jahrzehnte nach seinem Tod für ihn beten. Sein Augenblick ist immer zugleich unser Augenblick. Seine Entscheidung geschieht immer jetzt, selbst wenn er schon lange die ewige Seligkeit erreicht hat. Wir können in jedem Augenblick unserer Zeit ihm bei der größten Entscheidung seines Lebens beistehen. Unsere Auffassung über das Fegfeuer entwertet also keineswegs die Fürbittfrömmigkeit der Gläubigen, sondern gibt ihr eine tiefere menschliche Dimension.

Im Folgenden müssen wir eines der dunkelsten Geheimnisse unserer Existenz, die Möglichkeit der Hölle durchdenken. Wir wissen aus der Offenbarung, dass diese Möglichkeit uns allen offen steht. Die gleiche Offenbarung verbietet uns aber, von irgendeinem konkreten Menschen anzunehmen, dass er sich der Hölle ausgeliefert hat.

Christus hat uns wiederholt und eindringlich verboten, irgendeinen Menschen zu verurteilen. Zur Sünderin sagt er: „Auch ich verurteile dich nicht.“ Der Mensch ist also kein Gegenstand des Urteils, nicht einmal des Urteils Christi. Nur der Mensch kann sich selbst verurteilen. Verdammung ist immer nur Selbstverdammung. Christus beschränkt sich lediglich darauf, seine Liebe zu offenbaren. Im Angesicht dieser Liebe hat der Mensch über sich selbst zu urteilen. Jegliches Urteilen seitens Christi erübrigt sich also.

Wenn man versucht, in diese Zusammenhänge mehr einzudringen, bemerkt man, dass hier über den Menschen etwas Letztes und Endgültiges ausgesagt wird. Es gibt im Menschen eine heilige Vorbehaltenheit, die nicht einmal Christus anrührt. In diese Vorbehaltenheit – die nichts anderes ist als die Realität der kreatürlichen Freiheit – darf ein Geschöpf Gottes, selbst wenn es von Gott abgefallen ist, nicht angetastet werden. Jegliche Entehrung der Freiheit würde eine Beleidigung Gottes, des Schöpfers dieser Freiheit, bedeuten.

Ist das nicht der Sinn des geheimnisvollen Ausspruches im Judasbrief: „Als der Erzengel Michael mit dem Teufel im heftigen Streit lag, wagte er nicht, ein entehrendes Urteil vorzubringen.“ Der zweite Petrusbrief nennt sogar die gestürzten Engel „Wesen des göttlichen Glanzes.“

Mit seinem klar erkannten, sich in Liebe offenbarenden Christus gegenüber ausgesprochenen Nein wirft sich der Mensch in eine unendliche Verlassenheit hinein. Sagt er in diesem Augenblick der klarsten Freiheit sein Nein, so sagt er es mit seinem ganzen Wesen, versteift sich ganz in dieses Nein sagen, ja wird selbst zum radikalen Nein. Er wählt für immer sich selbst, muss also sich selbst in Ewigkeit aushalten, muss in alle Ewigkeit in der finsteren Leere des eigenen Daseins herumirren. Nicht, als ob Christus ihm den Weg nach außen versperren würde. Christus nimmt sein Geschöpf liebend auf, wo und wann dieses zu ihm kommt. Die Hölle ist nicht eine äußere Strafe für eine vergangene, (jetzt vielleicht bitter bereute) Sünde. Sie ist die Sünde schlechthin, eine immer gegenwärtige, mit seinem ganzen Wesen bejate. Sie ist die Zurückweisung der Liebe Christi, ein unaufhörliches Sich – hinein – Bewegen in die Gottesferne. Würde Gott aufhören, den sich verdammenden zu lieben, so würde auch die Hölle augenblicklich aufhören, Hölle zu sein. Aber Gott kann nichts anderes als Lieben. Sein Wesen besteht aus Liebe. Seine Liebe ist vollkommen unabhängig davon, wie sich das Geschöpf dieser Liebe gegenüber verhält. Warum er das tut, wissen wir nicht, denn die Liebe hat keine Gründe. Sie schenkt sich grundlos. Und eben darin ist sie Liebe. In dem Augenblick aber, wenn der Verdammte seine Tat der Selbstverdammung bereuen würde, wäre er im Himmel. Aber gerade das wird er nicht tun.

Aus all dem geht hervor, dass die Hölle nicht als ein besonderer Ort angesehen werden kann, sondern es ist die gleiche Welt, in der auch die Seligen im ewigen Glück leben. Gott kann ja einen schlechten Ort nicht eigens erschaffen. Er ist seinem Wesen nach unfähig, das zu tun. Wenn Gott etwas erschafft, ist es unweigerlich gut. Wir wollen uns einmal vorstellen: Der Himmel ist blau, die Sonne erfasst mit seiner aufgehenden Morgenglut die Welt, die Vögel singen und der Mensch ist restlos glücklich. Welche Harmonie, welche Freude. Nehmen wir aber einen Fisch aus dem Wasser, damit er die Schönheit dieser Welt genießen könne: Es ist für den Fisch die Hölle. So lebt auch der Verdammte unglücklich in einer restlos gottdurchsichtigen Welt.

Das Gleiche gilt ähnlich mit umgekehrten Vorzeichen vom Himmel. Im seins Haft ausgesprochenen Ja im Tode überwindet der Mensch den Schrecken der Gottbegegnung – das Fegfeuer, lässt alles zurück was an Gott bedrohlich ist für unser endliches Wesen. Der Mensch kann nun eintreten in die Erkenntnis und in die Liebe Christi, worin das Wesen des Himmels besteht.

Was ist eigentlich der Himmel? Wir wissen es nicht genau. Die Offenbarung spricht vom neuen Himmel und der neuen Erde. Damit bezeichnet die hebräische Sprache das All, wofür sie kein eigenes Wort besitzt. Johannes beschreibt diese Welt in seiner Geheimen Offenbarung: Er spricht von Meeren aus Glas, von Straßen aus kristallenem Gold, von Toren, aus einer einzigen Perle gebildet. Er spricht von Mauern, aufgebaut aus leuchtenden Edelsteinen. In dieser Beschreibung herrscht das Gewaltige, das menschlich nicht erreichbare. Auch Paulus betont diese Andersartigkeit des Himmels: „Was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz gedrungen ist, hat Gott denen bereitet, die ihn lieben.“

 

Junge Menschen, die verliebt sind, machen oft die Aussage: „Ich erlebe derzeit den Himmel auf Erden.“ Diese Aussage: „Himmel auf Erden“ spiegelt die Sehnsucht nach dem unendlichen Glück zurück. Der Mensch lebt, selbst in seinen banalsten Erfahrungen, stets ins Uferlose hinein. In den Märchen, im Trieb zu wechseln, in den Erlebnissen der Natur, in der Musik und im Philosophieren, in der Malerei, in der Dichtung, in der Technik und in den Entdeckungsfahrten. Überall, wo der Mensch menschliches erfährt, träumt er sich in eine schönere, radikal „andere“ Zukunft hinein.

Solange wir noch auf dieser Welt leben, ist Christus für uns noch unzugänglich und verborgen. Diese Unzugänglichkeit und Verborgenheit wird im Himmel aufhören. Dann wird jedes Sein aufleuchten. Gott wird endgültig „da“ sein, in reiner Gegenwärtigkeit. Das ist der Himmel.

Alles Innere ist jetzt zum Ausdruck gelangt. Alle Verborgenheit ist offenbar geworden. Das Äußere ist voll Tiefe. Das Verborgene ist eingegangen in die lebendige Schwingung des offen Daliegenden. Alles ist erfüllt. Alles ist eins. Es gibt nichts Unzugängliches und Verborgenes mehr. Das bisher Unzugängliche und Verborgene liegt jetzt offen da. Die ganze Schöpfung, der ganze Reichtum unseres Weltgebildes, die Sonne und der Mond, die Gestirne, die Räume, die Erde, das Meer, die Inseln, die Berge, die Pflanzen, die Tiere – alles ist im Himmel die Dimension Jesu Christi, des auferstandenen Herren.

Im Himmel werden wir Christus erkennen. Christus erkennen bedeutet keinen rein verstandesmäßigen Vorgang, sondern das „Eins werden“ zweier Wesen in der Liebe.

Christus verspricht im Himmel jedem sein eigenes Glück. Das, wonach der Mensch verlangt. Der Samariterin „ewiges Wasser“; den Leuten aus Kapharnaum ewiges Brot des Lebens; den Fischern überfülltes Netz; den Hirten Judäas große Herden und ewiggrünen Weideplatz; den Händlern unendlich kostbare Perlen; und uns allen immer wieder ewiges Gastmahl, ständige Hochzeit, ein Symbol der unendlichen Beglückung  im Besitz der teuersten Person unseres Lebens. Den Griechen versprechen die Apostel dann, was ihnen am meisten Glück bereitet: Wissen, Erkennen, unendliche Geborgenheit in einer harmonischen, geistigen Stadt, durchsichtiges Sein, aufgebaut aus leuchtenden Edelsteinen. Und all das wird uns entgegenkommen. Die geheimen Offenbarungen beteuern es unaufhörlich in ihren ständig wechselnden Bildern und Landschaften – als fortwährende Neuheit, in einer nie endenden Abwechslung. All diese Gaben des Glücks und Beschenkt Werdens stehen aber nicht für sich, sondern strömen uns zu gleich Wogen des Selbstschenkens Christi.

Mit welchen Worten und Bildern wir auch immer den Himmel beschreiben werden, er bleibt uns Menschen auf dieser Erde unzugänglich. Unsere Vorstellungskraft kann nie an das heranreichen, was der Apostel Paulus ausdrückt mit den Worten: „Was kein Auge… „

Damit sind wir am Ende der Betrachtungen angekommen:

Was geschieht im Augenblick des Todes mit dem Menschen?

Was ist zu verstehen unter Himmel, Hölle und Fegfeuer?

Über diese Themen sind Bücher geschrieben werden. Mehr auszuführen und darzustellen ist aber in einem Vortrag nicht möglich. Schließen möchte ich noch einmal mit der Zusammenfassung, dass Gott in seiner Liebe die ganze Menschheit umfasst und unser wird.                        

 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

 

Nach dem Referat und verschiedenen Diskussionsbeiträgen, stellte sich der Hospiz-Verein Rhein-Ahr e.V., Bereich Bad Neuenahr-Ahrweiler durch ihre Vorsitzende Frau Ulrike Dobrowolny, unterstützt von ihrer Schatzmeisterin Frau Josefine Schwipper, der Versammlung vor. Sie beschrieben die Hospizarbeit im Ahrtal sowie die ehrenamtliche Hospizbegleitung bei der es darum geht, dem Menschen, den die Helfer begleiten und seinen Angehörigen Zeit zu schenken, Gespräche zu ermöglichen, Schweigen auszuhalten und manchmal Wünsche zu erfüllen. Ferner berichtete sie über die Medizinische-Palliative Begleitung bis hin zur Trauerbegleitung. Dabei betonten sie abschließend und dies als wesentlichen Punkt ihrer Ausführungen, dass eine engagierte Hospizarbeit immer den Respekt vor dem Menschen in den Mittelpunkt stellt.

 

Im Anschluss an die Vorstellung des Hospiz-Vereins informierte der Bezirksbundesmeister die Versammlungsteilnehmer mit einigen aktuellen Hinweisen auf kommende Veranstaltungen, darunter die Bundesvertreterversammlung am 12. März in Leverkusen, hier im Besonderen die mit Spannung erwarteten zukunftsweisenden wichtigen Beschlüsse zum Orientierungsrahmen des BHDS und an den Bezirksjungschützentag am 02. April bei St. Sebastianus Heimersheim. Hierzu richtete er einen dringlichen Appell an alle Schützen, an den vorgenannten Veranstaltungen sich aktiv daran zu beteiligen, vor allem an der Teilnahme an der Bundesvertreterversammlung, bei der es u.a. um die Zukunft des Verbandes geht.

 

Hierauf hatte Bezirksbundesmeister eine besondere Überraschung für die anwesenden Veranstaltungsteilnehmer parat. Anlässlich des diesjährigen Delegiertentages am 08.01.2017 in Königsfeld war beschlossen worden, für den Bezirkskönig sportlich, also für den König aller silbertragenden Könige und Qualifikant für das Bundeskönigs-schießen, eine Königskette anzuschaffen bzw. anfertigen zu lassen. Dies konnte sehr schnell und eindrucksvoll realisiert werden. Schützenschwester und Goldschmiedemeisterin Elke Stich aus Bad Neuenahr-Ahrweiler fertigte diese Königskette nach Vorgaben des Bezirksvorstandes an und gab durch ihre künstlerische Arbeit der Kette ihre ganz persönliche Note. Deshalb war es dem Bezirksbundesmeister jetzt schon möglich, der Versammlung diese Königskette, im Übrigen ein absolutes Unikat, vorzustellen und dem derzeitigen amtierenden Bezirkskönig sportlich Hans-Oskar Degen von St. Hubertus Rheineck, als äußeres Zeichen seiner Königswürde zu überreichen und anzuziehen.

 

Brudermeister und Bezirkskönig Peter Nonn erinnerte nochmals die Versammlung daran, dass er auf Geschenke an ihn in seinem Königsjahr verzichtet, stattdessen bittet er darum, den Hospiz Verein Rhein-Ahr in Bad Neuenahr-Ahrweiler finanziell zu unterstützen.

Am Ende bedankte sich Sigi Belz beim Bezirkspräses mit einem Weinpräsent sowie bei Frau Ulrike Dobrowolny und Frau Josefine Schwipper mit einem Blumengebinde, aber auch bei den zahlreichen Helfern der Jubiläumsschützenbruderschaft von St. Matthias Brohl, die durch ihr Engagement diesen Tag in dieser Form erst ermöglicht hatten und wünschte allen einen guten Heimweg und auf ein gesundes Wiedersehen bei den anstehenden Veranstaltungen im Schützenjahr 2017.

 

v.l.n.r.: Vorsitzende Hospiz-Verein Rhein-Ahr Frau Ulrike Dobrowolny, Brudermeister und Bezirkskönig, König aller Mitgliedsvereine von St. Matthias Brohl Peter Nonn, Bezirkspräses Pfarrer Herbert Ritterrath, Bundesmeister Sigi Belz, Schatzmeisterin Hospiz-Verein Rhein-Ahr Frau Josefine Schwipper, Bezirkskönig König der Könige Hans-Oskar Degen von St. Hubertus Rheineck.